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Book

Die Druckerei Kösel

Ein kreativer Nachruf als Bachelor-Arbeit

Die Druckerei Kösel

»Das Streben nach Besserem führt manchmal zu Außergewöhnlichem – wie eine Druckerei im Allgäu die Buchherstellung maßgeblich prägte«, so der Titel der Bachelor-Arbeit von Anna Lena Gangluff, die damit ihr Grafikdesignstudium an der Hochschule Düsseldorf erfolgreich abschloss. Ungewöhnlich ist dabei nicht nur das gewählte Thema, sondern vor allem die feinfühlige und aufwendige Umsetzung. 

Ein würdigender Rückblick

Zweifelsohne zählte Kösel, zuletzt Eberl & Koesel, zu einer der besten Buchdruckereien des Landes – als Ansprechpartner für hochwertige Produktionen, Ideen- und Impulsgeber. Um so größer war die Betroffenheit in der ganzen Branche, als das Unternehmen 2022 Insolvenz anmelden musste. Zu dieser Zeit absolvierte Anna Lena Gangluff gerade ein Praktikum im nicht weniger traditionsreichen Verlag Hermann Schmidt in Mainz: »Um ehrlich zu sein, sagte mir der Name Kösel bis zum Frühjahr 2022 auch recht wenig, eigentlich nichts – eine Druckerei unter vielen, so dachte ich. Eines Tages traf ich gemeinsam mit Bertram Schmidt-Friedrichs bei einer Druckabnahme einen ehemaligen Mitarbeiter von Kösel. Zwischen Druckmaschinen und Papierstapeln sprachen wir ihn auf das an, was wir bisher so gehört hatten. Plötzlich standen ihm, diesem uns eigentlich fremden Mann, die Tränen in den Augen. Ein Bild, das mir bis heute sehr präsent im Kopf ist«. Zusammen mit den Erzählungen über die vielen Kooperationen des Verlages Hermann Schmidt mit dieser Druckerei, gab dies den Initialfunken, sich mit diesem doch besonderen Unternehmen Kösel zu beschäftigen.

Das Besondere besonders darstellen

Wie wird man nun einer Druckerei gerecht, die sich Jahrzehnten der Buchdruckkunst verschrieben hatte? Anna Lena Gangluff würdigt diesen einstigen Branchenprimus zum einen mit der Aufarbeitung der Historie, den innovativen Entwicklungen, Patenten und Meilensteinen, aber auch mit persönlichen Gesprächen mit ehemaligen Mitarbeitern und Verantwortlichen. Es ist eine Aufarbeitung der Geschehnisse, eine kleine Achterbahnfahrt zwischen Investitionen und Insolvenzmasse, zwischen brillanten Entwicklungen und Abverkauf. Um diese unterschiedlichen Arten von Information zu strukturieren, entschied sich Anna Lena Gangluff für eine Dreiteilung ihres Buches – zu Beginn kann der Lesende in die Unternehmensgeschichte und -stationen eintauchen. Es folgen die vielfältigen Druck- und Verarbeitungstechniken, die Kösel seinen Kund*innen anbot und letztlich wird durch Interviews mit ehemaligen Mitarbeitern sowie Branchenvertreter*innen deutlich, dass ein Unternehmen mehr ist, als nur sein Output. 

Ein haptisches Vergnügen

Um die vielschichtigen Ebenen auch haptisch zu strukturieren, band Anna Lena Gangluff zwischen den drei Kapiteln verkürzte Graupappe ein. Zudem überrascht der Mittelteil mit einer speziellen Falttechnik: Hier weisen Leporello-Seiten einen zusätzlichen Mittelfalz auf, der als zweite Leseebene dient und Erläuterungen zu den Fotografien bereithält. 
Mit einem offenen Rücken sowie dem Verzicht auf ein Cover, nimmt sich die Buchgestaltung elegant zurück und überlässt dem Inhalt die Bühne, wohingegen feine Details wie eine japanische Fadenbindung und das samtige Papier Gmund Bauhaus deutliche Wertschätzung vermitteln. »Dieses Buch ist für alle, die jedes Mal aufs Neue im Buchladen überlegen, ob sie das neue Buch wirklich brauchen. Ihr braucht es!«, so Anna Lena Gangluff in ihrem Vorwort. Und so ist dieser Nachruf auch eine kleine Liebeserklärung an das gedruckte Buch. 

 Papier: Gmund Bauhaus